TL-Icon

zum Anfang diese Seite Kopt.Kloster Reisebericht Eisenbahn dies und das Impressum
Home this page Coptic monastary Railroadtrip to Bulgaria Railroad-Pictures Various Sitemap

Das Kirchenjahr

Kaum ist die Weihnachtszeit vorbei, da kommt schon wieder Ostern in den Blick. Ostern mit seinem langen, bedrückenden Vorspiel, der Passionszeit, die auf ihren Höhepunkt, Karfreitag zuläuft. Das Dunkel dieses Tages wirft quasi wie eine hohe Mauer seine Schatten uns entgegen. Erst wenn man diese überwunden hat, leuchtet die helle Sonne von Ostern.

Zwei Lichtstrahlen von Ostern aber durchdringen die Mauer: Palmsonntag und Gründonnerstag, also die Hosianna-Rufe bei JESU Einzug in Jerusalem und das Fest der Befreiung, Pessach, mit seinem großen Halleluja auf dem Weg nach Getsemani. Aber dieses Licht, das in die Finsternis scheint, wird oft von dieser nicht angenommen: Gründonnerstag ist ein Freudentag und das Agapemahl an diesem Tag hat nichts mit Fastenspeise zu tun.

Woher kommt das Kirchenjahr?

Eine Zeit-Reise oder Reise-Zeit

Das "Kirchenjahr" ist im Grunde ein Schauspiel und hat seinen Ursprung in den Pilgerreisen nach Israel, die seit dem vierten Jahrhundert nach Christus sehr beliebt waren. Christsein war nun endlich erlaubt und die Mutter des Kaisers Konstantin, Helena, hatte selbst auf einer Pilgerreise die vermeintlich 'Heiligen Stätten' gesucht, gefunden und dort jeweils Kirchen und Klöster errichten lassen. Damit war eine gewisse touristische Infrastruktur im Land selbst geschaffen, welche es interessierten Pilgern möglich machte, im Land JESU auch etwas von SEINEM Wirken dort nachzuempfinden.

Trotz der hohen Kosten, der beschwerlichen Reise und was sonst noch dagegen sprach, machten sich damals vergleichsweise viele Europäer auf den Weg, die Stätten von JESU Wirken einmal mit eigenen Augen zu sehen. Einige ihrer Reisetagebücher blieben erhalten und sind auch in deutscher übersetzung zu lesen.

Vom Sinai, wo der 'Mose-Berg' bestiegen wurde, kam man nach Betlehem, dann ging es weiter in den Norden, nach Galiläa (Nazaret, Kafarnaum, See Gennesaret, Kana) um schließlich über Jericho nach Jerusalem zu gelangen, und zwar auf dem Weg über den Ölberg, so wie JESUS am Palmsonntag. Man ging SEINE Wege nach. Überall dort, wo ER etwas Besonderes tat, standen mittlerweile Kirchen. Geburt, Brotvermehrung, Haus des Petrus, Haus und Grab des Lazarus, Abendmahlssaal, Getsemani, Ort der Verhaftung, der Verurteilung, der Kreuzigung, Jesu Grab als Ort der Auferstehung und auch seine Himmelfahrt waren durch Kirchengebäude markiert. In jedem wurde täglich das jeweilige Ereignis erinnert und die Pilger folgten meist einer vorgegebenen, festen Route.

Zurück in der Heimat wollte man dieses Erlebnis auch mit den zu Hause gebliebenen teilen. Dazu ersetzte man nach und nach die besuchten Orte durch bestimmte Tage. Der Gottesdienst von Betlehem bekam seinen Platz an Weihnachten, der von Golgota an Karfreitag der Auferstehungsgottesdienst an Ostern und der vom Ölberg an Christi Himmelfahrt, weitere an Pfingsten, Kreuzerhöhung, Maria Himmelfahrt und so weiter. So wurde aus den sonntäglichen Gottesdiensten eine imaginäre, eine "virtuelle" Reise durch die biblischen Höhepunkte, besonders des Lebens JESU.

Ausschmückung des Kirchenjahres

Im Mittelalter fing man an, die Begebenheiten zu spielen: Nach den Krippenspielen zu Weihnachten und den Drei-Königen (Epiphanias - Erscheinung des Herrn - am 6. Januar) wurden in der Fastenzeit die Kreuze zugehängt, weil JESUS ja noch lebte, am Palmsonntag eine Figur auf einem Holzesel in die Kirche gerollt,

'JESUS' auf einem Esel reitend

an Gründonnerstag die Tabernakel geöffnet und das Ewige Licht gelöscht, am Karfreitag feierlich die Kreuze enthüllt, an Ostern die Auferstehung durch ein Feuer, das mit der Osterkerze in die Kirche getragen wurde, symbolisiert und an Himmelfahrt eine Jesusfigur aus dem Kirchenschiff in die Kuppel hochgezogen. Zu Pfingsten schwebte dann eine (hölzerne) Taube auf gleichem Wege hernieder über die Köpfe der Gottesdienst feiernden Gemeinde. Diese reale Darstellung des Imaginären verlor zwar in jüngerer Zeit an Bedeutung, doch Reste davon sind bis heute erhalten - und scheinen sogar wieder modern zu werden.

Reformation und Gegenwart

Die reformierten Reformatoren (Zwingli, Calvin …) haben das Kirchenjahr abgeschafft. Schließlich hat schon der Apostel Paulus eindringlich davor gewarnt, sich wieder von Festkalendern und dem Stand der Gestirne abhängig zu machen. Doch nach nur 100 Jahren hatten sich die Highlights Weihnachten, Karfreitag, Ostern, Pfingsten und neuerdings auch die anderen Zeiten wieder eingebürgert. Prompt fanden moderne Humanwissenschaftler heraus, dass auch unreligiöse Menschen diesen geregelten Ablauf mit seinen vorgegebenen Grundstimmungen im Jahr brauchen.

Doch brauchen wir das Kirchenjahr wirklich?

Ich selbst bezweifle das. Ich sehe keinen Grund dafür, in der Passionszeit (oder auch im Advent) GOTT das "Halleluja!", also das "Lobt GOTT" nach dem Evangelium im Gottesdienst zu verweigern. Wir raffen uns ohnehin selten genug dazu auf, GOTT zu loben und IHM zu danken. Ich sehe keinen Sinn darin, die Fastenzeit "evangelisch zu taufen" und als Passionszeit (7 Wochen ohne …) zu gestalten, um JESU Leiden zu bedenken, während das Großartige seiner Sendung, die gute, neue, überragende Botschaft seiner Auferweckung, dahinter verblasst. Das Verhältnis von lila zu weiß, von (missverstandener) Buße zu Freude scheint mir gewaltig verschoben zu sein.

Und so kommt es dann auch bei den Menschen an: Kirche (besonders die evangelischen Kirchen) ist freudlos. Immer (verbissen) ernst kramt sie in Sünden und Unrecht herum, wie die Gefährten Ijobs (Hiobs). Sie findet und benennt offensichtliche und verborgene Schuld, um dann umgehend 'Gnade' zu verkünden. Ihr Hauptthema scheint Leid und Rechtfertigung der Sünder zu sein, wobei auch diese gute Botschaft der Vergebung zu einer Klage umgemünzt wird, ein wie großer Sünder jederman doch sei. Wenn Kirche von Liebe spricht, dann doch meistens in der Klage darüber, dass zu wenig geliebt wird. Manche Kirchen nennen sich daher auch "Kirche des Kreuzes" und nicht "Kirche der Auferweckung". Selbst die von der genannten 'Helena' gegründete Anastasis - Auferstehungskirche wird nur von den Orthodoxen Christen so genannt. Katholiken und Protestanten lieben es eher morbide und nennen sie 'Grabeskirche'.

Den unbewussten, aber berechtigten Protest gegen diese bedrückende Stimmungsmache sehen wir seit Jahrzehnten im Advent: Eigentlich war dies, wie die Passionszeit eine sechswöchige Fastenzeit auf Weihnachten hin. Noch als Kind kann ich mich erinnern, dass Süßigkeiten im Advent tabu waren; mit Ausnahme des Nikolaus-Abends (5.Dezember). Die Adventslieder im Gottesdienst hatten klagende. traurige Melodien (O komm, o komm Emanuel, mach frei dein armes Israel ...) 'Das Licht, das in die Welt gekommen ist' sollte dadurch an Weihnachten kräftiger leuchten -- und tat es dann auch tatsächlich. Der einzige Weihnachtsbaum im Freien leuchtete daher auch erst am Heiligen Abend.

Doch heute, ist der Advent die eigentliche Weihnachtszeit. Das ist den Akteuren sicher unbewusste, aber im Kern doch ein berechtigter, christlicher Protest: Das 'Licht der Welt' ist doch schon lange da und kann gefeiert werden! Es ist undankbar so zu tun, als müssten wir auf es warten. Und die Botschaft vom letzten Sonntag im Kirchenjahr (ev. Ewigkeitssonntag; rk. Christ-Königs-Fest) gilt unserer Hoffnung auf eine herrliche Zukunft bei GOTT, und ist kein Trauertag, kein "Totensonntag", wie es Preußens König befahl.

Ich denke, es ist Zeit, fröhlich unsere Erlösung zu feiern.

"Lasst euch von niemandem ein schlechtes Gewissen machen wegen Speise und Trank oder wegen eines bestimmten Feiertages, Neumondes oder Sabbats." (Kolosser 2,16). Vielmehr: "Denkt um! Vertraut darauf: GOTT ist bei euch und das ist ein Grund sich zu freuen und fröhlich zu sein!" (nach Markus 1,15). GOTTES Welt ist und bleibt eine gute Welt (Genesis1,31), trotz Dornen und Disteln und böser Menschen. "GOTT liebt dich, wer um alles in der Welt kann dir dann noch schaden?" (Römer 8,38f)