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ungewöhnliche Vergebung

Gedanken zu Markus 2, Verse 1-12

Das zweite Kapitel des Markus-Evangeliums beginnt mit einer Erzählung, welche wegen ihrer Anschaulichkeit in der Grundschule und im Kindergottesdienst sehr beliebt ist. Sie gehört aber auch ins neutestamentliche Proseminar des Theologiestudiums an einer Universität. Es ist die Geschichte vom Gelähmten, den man durchs Dach zu JESUS herabgelassen hat:

Ich teile den Bibeltext einmal in handliche Portionen:

Markus 2, Verse 1-5:

1) Und nach einigen Tagen ging ER (JESUS) wieder nach Kafarnaum; und es wurde bekannt, dass ER im Hause war.
2) Und es versammelten sich viele, so dass sie nicht Raum hatten, auch nicht draußen vor der Tür; und er sagte ihnen das Wort.
3) Und es kamen einige zu ihm, die brachten einen Gelähmten, von vieren getragen.
4) Und da sie ihn nicht zu ihm bringen konnten wegen der Menge, deckten sie das Dach auf, wo er war, machten ein Loch und ließen das Bett herunter, auf dem der Gelähmte lag.
5) Als nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.

Auslegung

Markant ist in der Geschichte die Unverschämtheit der 4 Männer: Auch wenn es ein flachgedecktes israelisches Haus war und der Schaden angeblich relativ leicht zu beheben ist: Man deckt doch selbst seinem Feind nicht das Dach ab – erst recht nicht demjenigen, von dem man sich Hilfe erwartet. Das Zutrauen dieser Menschen zu JESUS muss zweifellos enorm gewesen sein. Hatten sie es denn wirklich so eilig; irgendwann einmal musste es doch eine günstigere Gelegenheit geben.

Markant ist auch die überlieferte Reaktion JESU. Wir wissen ja nicht, was ER zu den „Dach-ab-deckern“ alles gesagt hat; aber dem Kranken zuzusprechen:

„Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.“

ist nun doch sehr eigenartig. Schon, als schuldbewusster Mensch kann man sich über die vollmächtige Vergebung der Sünden nur freuen, ohne Frage, – aber als kranker Mensch hat sich der Gelähmte wahrscheinlich etwas handfesteres, irdischeres erwartet – eben Heilung, Leben ohne Behinderung.

Wenn diese Erzählung hier abbrechen würde, wären die Leser enttäuscht. Hier fehlt doch etwas. Wahrscheinlich hätten sie noch mehr Mitleid mit dem Kranken, als vorher. „Dir sind deine Sünden vergeben!“ Klingt das nicht nach Hohn und Spott? Kann das nicht jeder sagen - und gleichzeitig: Darf das ein Mensch überhaupt sagen?

War dies nun das ganze Ergebnis der schwierigen, gefährlichen Aktion? – Wie leicht hätte der Kranke von seiner Matte kullern können und dabei sich und andere verletzen - vielleicht tödlich. Und das alles nur für die Absolution?

Ich weiß, das klingt sehr wenig fromm.

Denn es gibt wohl kein größeres Geschenk, als dass GOTT nach allem Unfug, den man im Leben angestellt hat, sagt: Du bist in Ordnung, alles vergeben, ICH stehe zu dir!

Doch uns scheint diese Vergebung so alltäglich, so gewöhnlich geworden zu sein, dass wir uns darüber nicht mehr lebhaft freuen können.

Oder sind wir in unserem Gewissen so überzeugt von uns selbst, dass wir gar keine Vergebung mehr brauchen - sie also nicht einmal mehr für nötig halten?

Markus 2, Verse 6+7:

6c) Sie dachten in ihren Herzen:
7) Wie redet der so? ER lästert GOTT! Wer kann Sünden vergeben als GOTT allein?

Wer kann denn außer GOTT selbst schon Sünden vergeben?

Die Schriftgelehrten, die selbstverständlich auch in Jesu Begleitung zu finden waren, spüren die Sprengkraft dieses Wortes. Ihnen ist nicht ganz wohl bei der ganzen Sache; sie beginnen zu nachzudenken (– ist ja schon mal nicht schlecht –), aber sie sagen vorsichtshalber nichts:

Natürlich war dies eine Amtsanmaßung.

Und doch: die Schriftgelehrten dachten nur! Warum sagen sie hier nichts? Noch brauchen sie keine Angst vor den anderen Menschen zu haben. Diese sind doch gerade von JESUS zu tiefst enttäuscht, wegen der – bislang noch – versagten Heilung.

Nicht nur die Schriftgelehrten wissen:

Dieser Spruch war eine Gotteslästerung und auf Gotteslästerung steht die Todesstrafe. Diese zu verhängen war ausschließlich das Recht der römischen Besatzungsmacht. Aber gerade Gotteslästerung ist ein Delikt, das die Römer nicht kannten. In Glaubensfragen waren sie wie ihre Sandalen: nach allen Seiten offen. Eine Verurteilung durch die römischen Behörden wegen 'Gotteslästerung' zu erreichen, dazu bedarf es viel Phantasie und vieler Intrigen. – Als JESUS einige Monate später hingerichtet wurde, war der Grund SEINER Verurteilung im 'Hohen Rat' tatsächlich Gotteslästerung; den Römern verkauften die Sadduzäer JEUSUS hingegen geschickt als „Hochverräter“. Aber dazu mehr in einem späteren Kapitel.

Die Schriftgelehrten dachten nur!

Noch schien kein Handlungsbedarf zu bestehen. Es schien ihnen unnötig, diesen offensichtlich begabten und beliebten Mann hinrichten zu lassen, wegen eines vermeintlich unbedachten Wortes. Sie sind unversehens in einen Gewissenskonflikt geraten und überlegen noch, wie sie sauber aus dieser Sache heraus kommen, da werden sie auch schon von genau demjenigen gefragt, den sie gerade schützen wollten:

Markus 2, Vers 8:

JESUS erkannte sogleich in SEINEM Geist, dass sie so bei sich selbst dachten, und sprach zu ihnen:

Was denkt ihr solches in euren Herzen?

Hellseherische Fähigkeiten ...

… gehörten sicher nicht dazu, die Gedanken derjenigen zu erraten, die täglichen Umgang mit GOTTES Weisungen hatten. Nur – diese sitzen jetzt in der Klemme. Warum haben sie auf das offensichtliche Vergehen JESU nicht reagiert? Eigentlich mussten sie doch ihr Gewand einreißen und das Vergehen anprangern. Wie reden sie sich da wieder heraus?

JESUS offenbart die Inkonsequenz der Gelehrten – obwohl ER augenblicklich einen recht großen Vorteil davon hat. Daher baut ER ihnen gleichzeitig eine Brücke und erleichtert ihnen den Rückzug:

(Kurzinfo:) Krankheit als eine Strafe GOTTES

Krankheit galt damals ganz allgemein als eine Strafe GOTTES für irgendwelche Sünden. Die entsprechende Diskussion füllt viele Seiten des biblischen Ijob-Buches. Aber auch uns, in unserer aufgeklärten Zeit, ist das nicht ganz fremd. Wenn jemand viel Unglück trifft, fragt er doch schon einmal: 'Womit habe ich das Verdient? Was habe ich denn Böses gemacht?'

Nur ein Beispiel …

Die ganze Idee von 'gesunder Ernährung' fußt gerade in der Annahme, dass man durch das Befolgen gewisser Regeln Krankheit vermeiden kann. Wer krank wird, hat diese Regeln nicht beachtet und ist dadurch selbst schuld. Daraus folgt die Einteilung in Risikogruppen (Raucher, Trinker, 'Über'gewichtige …) die doch alle eigentlich mehr für ihre Gesundheit bezahlen müssten. Selber Schuld.

Zurück zur biblische Erzählung.

Wenn die Krankheit des Gelähmten tatsächlich eine göttliche Strafe wäre, wie es ja landläufige Meinung war, dann ist eine Heilung logischerweise eine Bestätigung der Vergebung.

Und so fragt JESUS (Markus 2, Verse 9-11):

9) Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh umher?
10) Damit ihr aber wisst, dass der Menschensohn Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf Erden – sprach ER zu dem Gelähmten:
11) ICH sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh heim!

Auslegung:

Natürlich ist ersteres leichter! Wer kann schon nachprüfen, ob die Sünden wirklich vergeben sind? Die Heilung wird hier zur Bestätigung, dass es sich auch bei der Sündenvergebug nicht um ein leeres Wort handelte.

Und so schließt die Erzählung mit dem Hinweis, dass der Mann wirklich gesund ist und dem sogenannten'Chorschluss', also der Feststellung, dass alle erschrocken und entsetzt waren.

Markus 2, Vers 12

Er stand auf, nahm sein Bett und ging alsbald hinaus – vor aller Augen, so dass sie sich alle entsetzten und GOTT priesen und sprachen: Wir haben so etwas noch nie gesehen.

Bibeltext in griechisch

Καὶ εἰσελθὼν πάλιν εἰς Καφαρναοὺμ δι’ ἡμερῶν ἠκούσθη ὅτι ἐν οἴκῳ ἐστίν.
2 καὶ συνήχθησαν πολλοὶ ὥστε μηκέτι χωρεῖν μηδὲ τὰ πρὸς τὴν θύραν, καὶ ἐλάλει αὐτοῖς τὸν λόγον.
3 καὶ ἔρχονται φέροντες πρὸς αὐτὸν παραλυτικὸν αἰρόμενον ὑπὸ τεσσάρων.
4 καὶ μὴ δυνάμενοι προσενέγκαι αὐτῷ διὰ τὸν ὄχλον ἀπεστέγασαν τὴν στέγην ὅπου ἦν, καὶ ἐξορύξαντες χαλῶσι τὸν κράβαττον ὅπου ὁ παραλυτικὸς κατέκειτο.
5 καὶ ἰδὼν ὁ Ἰησοῦς τὴν πίστιν αὐτῶν λέγει τῷ παραλυτικῷ, Τέκνον, ἀφίενταί σου αἱ ἁμαρτίαι.
6 ἦσαν δέ τινες τῶν γραμματέων ἐκεῖ καθήμενοι καὶ διαλογιζόμενοι ἐν ταῖς καρδίαις αὐτῶν,
7 Τί οὗτος οὕτως λαλεῖ; βλασφημεῖ· τίς δύναται ἀφιέναι ἁμαρτίας εἰ μὴ εἷς ὁ θεός;
8 καὶ εὐθὺς ἐπιγνοὺς ὁ Ἰησοῦς τῷ πνεύματι αὐτοῦ ὅτι οὕτως διαλογίζονται ἐν ἑαυτοῖς λέγει αὐτοῖς, Τί ταῦτα διαλογίζεσθε ἐν ταῖς καρδίαις ὑμῶν;
9 τί ἐστιν εὐκοπώτερον, εἰπεῖν τῷ παραλυτικῷ, Ἀφίενταί σου αἱ ἁμαρτίαι, ἢ εἰπεῖν, Ἔγειρε καὶ ἆρον τὸν κράβαττόν σου καὶ περιπάτει;
10 ἵνα δὲ εἰδῆτε ὅτι ἐξουσίαν ἔχει ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου ἀφιέναι ἁμαρτίας ἐπὶ τῆς γῆς – λέγει τῷ παραλυτικῷ,
11 Σοὶ λέγω, ἔγειρε ἆρον τὸν κράβαττόν σου καὶ ὕπαγε εἰς τὸν οἶκόν σου.
12 καὶ ἠγέρθη καὶ εὐθὺς ἄρας τὸν κράβαττον ἐξῆλθεν ἔμπροσθεν πάντων, ὥστε ἐξίστασθαι πάντας καὶ δοξάζειν τὸν θεὸν λέγοντας ὅτι Οὕτως οὐδέποτε εἴδομεν.